Jugendfilm und Leitfaden zum Thema

Auftritt in TV Magazinen

die-wirklichheit

Die inklusive Jugendgruppe „Verfilmt in Berlin“ hat sich in ihrem dritten Projekt mit dem Thema der medialen Darstellung von Krankheit und Behinderung in TV Magazinen und der möglichen persönlichen Tragweite eines Auftritts im Fernsehen auseinandergesetzt. 

Die Idee zu dieser Arbeit entstand im Frühjahr 2012 anlässlich der (in Teilen eigenen) Erfahrung, dass das Thema Krankheit und Behinderung wieder ein Dauerbrenner in TV Magazinen ist. Dabei hat sich der voyeuristisch-mitleidige Blick auf die Betroffenen in der letzten Zeit gewandelt. Mehr (Quoten)erfolg versprechen nach dem Muster von Unterhaltungsformaten aufbereitete „Success Stories“ über Betroffene, die sich in der Auseinandersetzung mit Krankheit und Behinderung an den Leistungsidealen unserer Gesellschaft messen lassen können. Dieses vermeintlich positive Betonen der kämpferischen Fähigkeiten ignoriert aber gesellschaftlich bestehende Teilhabebarrieren ebenso wie die Vielfalt menschlichen Lebens jenseits der äußeren Maßstäbe unserer Leistungsgesellschaft. Auf der Strecke bleiben dabei die Sichtbarkeit und die Berechtigung der eigenen Wirklichkeit. 

In einem 30 minütigen Film haben die Jugendlichen deswegen eigene Lebensthemen und -erfahrungen verdichtet in einer fiktionalen Handlung dargestellt und mit Hilfe einer Film-in-Film Inszenierung eine Reflektion über das Medium Fernsehen geleistet: vor dem Hintergrund einer fiktiven Fernsehproduktion schildert die Gruppe humorvoll, selbstironisch und auch nachdenlich, wie neben dem Ehrgeiz und der Bildergier eines Journalisten die Wirklichkeit des Lebens mit Krankheit und Behinderung keine Beachtung mehr findet. Der Film selbst erzählt in größeren Zusammenhängen, aber auch kleinen Anmerkungen von den wirklichen Probleme von Menschen, die mit Krankheit und Behinderung leben: über die Schwierigkeit der Ablösung vom Elternhaus, von der täglich neu erkämpften Alltagsorganisation zwischen notwendiger Sozialassistenz und Autonomiebedürfnissen, von den wenigen Arbeits- und Wohnungsangeboten, von dem so schwer zu lebenden Bedürfnis nach Liebe und Beziehungen, sowie von dem Bedürfnis,sich gesellschaftlich und politisch auszuprobieren, ohne ständig wegen der notwendigen Alltagsunterstützung an deren political correctness gemessen zu werden. 

Neben dieser filmischen Illustration des Themas wurden die Projektergebnisse in einem Leitfaden informativ aufbereitet. Wichtigstes Anliegen dieses Ratgebers ist die Sensibilisierung für die mögliche persönliche Tragweite eines Auftritts im Fernsehen, da nach der Fertigstellung der medialen Beiträge bei den Betroffenen oft ein Auseinanderklaffen von Selbstbild und Fremdbild entsteht. Gerade für Kinder und Jugendliche, die mit Krankheit und Behinderung leben, kann dies sehr problematisch sein kann. Der Leitfaden will theoretisches und praktisches Wissen über persönliche Repräsentation, Medienproduktionsbedingungen und juristische Grundlagen vermitteln, um die Betroffenen dahingehend zu stärken, dass ihr Anliegen und nicht das der Produzenten zum Thema der TVBeiträge wird. 

Beides, Film und Leitfaden, können kostenfrei für Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Sie können gut für sich gesondert stehen, bilden aber auch eine sinnvolle Einheit: der Film schafft einen stimmungsvollen Diskussionseinstieg in das Thema, das dann mit Hilfe des Leitfadens informativ und geordnet aufbereitet wird. 

Das Projekt wurde gefördert von der Jugend- und Familienstiftung Berlin und dem Programm der Aktion Mensch "Miteinander gestalten".  

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